Julius Wagner-Jauregg

Banquet speech

Julius Wagner-Jauregg’s speech at the Nobel Banquet in Stockholm, December 10, 1927 (in German)

Königliche Hoheiten, meine Damen und Herren!

Gestatten Sie, dass ich unter dem Eindrucke des ergreifenden Erlebens dieses einzigartigen Festtages mit einigen Worten mein volles Herz entlaste.

Lassen sie mich vor Allem dankbar jenes hochherzigen Mannes gedenken, der die irdischen Güter, welche er durch geniale Gedanken erworben hat, dazu bestimmt hat, nur Menschen, die sich um ihre Mitmenschen durch wissenschaftliche, dichterische und friedensfördernde Leistungen besonders verdient gemacht haben, vor aller Weh auszuzeichnen mit diesem Preise, der seinen Namen trägt.

Dieser Preis bedeutet für die Beschenkten einen unvergleichlich schönen Lohn für ihre Lebensarbeit. Er kann allen Mitstrebenden als höchstes erreichbares Ziel vor Augen schweben und sie zu äussersten Leistungen anspornen. Denn wie man den Ehrgeiz der napoleonischen Soldaten anstachelte durch den Ausspruch, dass jeder den Marschallstab in seinem Tornister trage, so soll man Allen, die auf den genannten friedlichen Gebieten arbeiten, die Anwartschaft auf den Nobelpreis vorhalten, damit sie den schönen homerischen Vers sich zur Richtschnur nehmen: „Immer der Erste zu sein und hervorzuragen vor Anderen”.

Der Nobelpreis hat aber noch eine Wirkung, die sein Stifter vielleicht gar nicht vorausgesehen hat. Er hebt das Ansehen wissenschaftlichen, dichterischen, humanitären Schaffens bei der ganzen Bevölkerung.

Ich habe es jetzt selbst erlebt, dass sich die Freude über die Verleihung des Nobelpreises an einen Angehörigen eines Landes nicht bloss auf den Kreis der Intellektuellen beschränkt, sondern dass auch der Mann aus dem Volke daran Teil nimmt; ja, dass es eine ganze Bevölkerung gevvissermassen als eine ihr erwiesene Ehre empfindet, wenn einem der Ihrigen der Nobelpreis zuerkannt wird. Es trägt das gewiss sehr zur höheren Wertschätzung der geistigen Bestrebungen in weiten Schichten der Bevölkerung bei, wenn sie erlebt, dass man Triumfe und Berühmtheit nicht bloss durch gewonnene Schlachten erringen kann.

Beneidenswert erscheint mir das Volk, das vom Stifter ausersehen wurde, durch die hiezu berufenen Körperschaften der Hüter und Vollstrecker dieses grossartigen Testamentes zu sein.

Ich persönlich habe nun meinen herzlichsten Dank zu richten an die Mitglieder des Karolinischen Institutes, die mir den Preis für Medizin für das Jahr 1927 zuerkannt haben.

Ich bin mir wohl bewusst, dass bei der Zuerkennung dieses Preise zwei Gesichtspunkte massgebend gewesen sein können: das Streben und Die ersten Anfänge meines Strebens in der Richtung, die zum Erfolg geführt hat, reichen auf genau 40 Jahre zurück, und ich habe das Ziel während dieser Zeit nie aus dem Auge gelassen.

Aber ich unterscheide mich darin nicht von sehr vielen anderen Forschern, deren ganzes Leben auch ausgefüllt war von dem Streben nach einem grossen Ziele.

Ein anderes aber ist der Erfolg. Es ist nicht jedem Streben gegönnt, zum vollen Erfolg zu führen, und nicht jedem Strebenden, den Erfolg zu erleben.

In dem Erfolge steckt also immer eine Dosis Glück.

Das Karolinische Institut war wohlwollend und hat mir nicht bloss das Streben, sondern auch das Glück des Erfolges zum Verdienst angerechnet und mich so eines Preises würdig erachtet.

Ich danke dem Karolinischen Institute und allen seinen Mitgliedern aufs herzlichste und erhebe mein Glas auf das Gedeihen des Karolinischen Institutes.


Prior to the speech, M. Söderblom, member of the Royal Academy of Sciences, addressed the laureate:

Herr Professor Wagner von Jauregg. Besondere Umstände haben dazu beigetragen Ihre Entdeckung selten glänzend zu machen. Dass Sie dadurch einer der grossen Wohltäter der Menschheit heut-zu-tage geworden sind, liegt zum Teil in Verhältnissen, über welche kein Mensch Herr ist. Aber was ich hier hervorheben darf, sind zwei Dinge. Erstens die Ver bindung der genialen, intuitiven, entdeckenden Sehkraft mit der unermüdlichen, methodischen, in jeder Richtung hin durchgeführten Nachprüfung-Aber, und das ist das Zweite, die vollendete Kriegskunst mit welcher Sie Ihre unheimliche Heerscharen ins Feld geführt haben, hat zum Zweck nicht Menschenleben zu vernichten, sondern sie zu retten. Die unvergängliche Ehre der wissenschaftlich arbeitenden Heilkunst besteht nicht nur in ihren Erfolgen, sondern vor allem in Ihrem unverrückten Suchen und in Ihrem belebenden Motive.

From Les Prix Nobel en 1927, Editor Carl Gustaf Santesson, [Nobel Foundation], Stockholm, 1928

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MLA style: Julius Wagner-Jauregg – Banquet speech. NobelPrize.org. Nobel Prize Outreach AB 2024. Thu. 28 Mar 2024. <https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/1927/wagner-jauregg/speech/>

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