Konrad Lorenz
Banquet speech
Konrad Lorenz’ speech at the Nobel Banquet, December 10, 1973 (in German)
Eure Majestät, Königliche Hoheiten, Meine Damen und Herren,
Der Herr Rektor Sune Bergström hat uns eben Wichtiges und Interessantes aus der Geschichte des Nobelpreises berichtet. Er hat uns erzählt, daß der Preis ursprünglich mindestens ebenso sehr als finanzielle Unterstützung der Forschung gedacht war, wie als persönliche Auszeichnung der Forschers. Herr Professor Bergström hat auch angedeutet, daß die Grundlagenforschung heute besser dotiert ist, als sie es zu der Zeit war, da Alfred Nobel die Institution seines Preises schuf, doch lehrt die Erfahrung, daß auch heute noch so manche Empfänger des Preises ihn zum grossen Teil zu Forschungszwecken verwenden. Jedenfalls aber freut sich heutzutage jeder der Laureaten in erster Linie über die Ehre, die ihm durch die hohe Auszeichnung zuteil wird. Ich möchte behaupten, daß die Bedeutung, die der Nobelpreis als Ehrung für jeden seiner Empfänger besitzt, immer noch im Wachsen begriffen ist und eine Größe erreicht hat, die einer besonderen Erklärung bedarf.
Ich glaube diese Erklärung geben zu können. Das Gewicht, das dem Nobelpreis in der gesamten wissenschaftlichen Öffentlichkeit beigemessen wird, kann sich nur aus dem Vertrauen erklären, das die Wissenschaftler in aller Welt dem Urteil jener Komittees entgegenbringen, die den Preisträger wählen. Dieses Vertrauen geht so weit, daß unter Umständen die Weltmeinung über die Wichtigkeit eines ganzen Forschungszweiges von diesem Urteil beeinflusst werden kann.
Mit einer Einmütigkeit, wie sie sonst nur selten zu finden ist, pflegen sich die Wissenschaftler der ganzen Welt den Urteilen der in Stockholm tagenden Expertengruppen anzuschliessen. Ich habe zwar oft Meinungsverschiedenheiten darüber gehört, ob die Zuerkennung eines literarischen Nobelpreises oder die eines Friedensnobelpreises berechtigt sei – über künstlerische wie über ethische Fragen kann man bekanntlich verschiedener Meinung sein – niemals aber habe ich bisher einer Diskussion zwischen Wissenschaftlern beigewohnt, die uneins darüber waren, ob ein Fachkollege der hohen Auszeichnung würdig sei oder nicht. In dieser weltweiten Einmütigkeit der wissenschaftlichen Meinung ist wohl die höchste Anerkennung enthalten, die dem wissenschaftlichen Stab der Nobelstiftung gezollt werden kann. Auch die Gefühle der Dankbarkeit und des Stolzes, die jeder Empfänger eines wissenschaftlichen Nobelpreises empfindet, entspringen dem bedingungslosen Vertrauen in das Urteil derer, die ihn verleihen.
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